Sonntag, 28. Februar 2010

Die Welt da oben – Rundflug und Milchstraße am Lake Tekapo / Mount Cook 6.,7.,8. Februar

Bevor ich es vergesse, eine urige Begegnung aus Christchurch wollte ich noch schildern… in der Christchurch hat Jörn nämlich einen neuen Freund gefunden :) die beiden haben sogar E-Mail Adressen ausgetauscht. Und der Kirchen-Mitarbeiter hat uns etwas ganz besonderes gezeigt, ein Souvenir aus Deutschland, das man ihm bei seiner Europa-Reise in Köln geschenkt hat: ein Stück Dom. Ein dicker, alter Stein. Meine Güte, war der stolz darauf. Und ganz Christchurch ist stolz, denn der Brocken ist mit Ehrenurkunde in der Christchurch ausgestellt… ein Stück rheinische Heimat am anderen Ende der Welt, schon irre.

Aus Christchurch, wo wir unsere Westcoast-Schleife beendet haben, ging es an den Lake Tekapo. Dort standen nur Pflichten auf dem Programm :) knallharte Recherche, Interviews, Fotos machen. Ein hartes Leben nicht wahr? :) Und so wurde ich zu folgenden Aktivitäten quasi gezwungen:
1. Den Gletschersee erkunden und abfotografieren und die dort liegende Church oft he Good Shepherd, die Kirche, in der jährlich die meisten Hochzeiten statt finden, unter die Lupe nehmen.
2. Die Milchstraße mit bloßem Auge bestaunen – und mit Experten Sternbilder entdecken und Fotos vom Kreuz des Südens machen.
3. Einen Scenic Flight über den Lake, die Alpen und den höchsten Berg des Landes, Mount Cook, machen – und mich nett mit den Piloten unterhalten :)
Ihr seht – ein hartes Schicksal. Wenn ich von diesen Jobs leben könnte, wäre es wohl schwer hier wieder weg zu gehen.
Lake Tekapo ist nicht nur ein Gletschersee, dessen türkise Farbe vom „Felsmehl“ aus den Gletschern und Eisfeldern kommt, hat auch dem Ort, der sich echt zur Touristen-Oase zu entwickeln scheint seinen Namen gegeben. Der heißt nämlich auch Lake Tekapo. (Lies: Tecka-poh) und hat 315 Einwohner, die alle irgendwas mit den vielen Touristen zu tun haben, die hier durch kommen. Hier gefällt’s nämlich nicht nur den Touris von Übersee, auch die Kiwis und Aussies machen hier Urlaub.
An dem konstant 11 Grad kalten See (die Kiwis schwimmen übrigens trotzdem und fahren Wasserski usw. … nicht mal Jörn wollte die Badehose anziehen) hatte ich das Gefühl, als träfen mindestens vier Landschaften aufeinander. Zum einen das kahle, trockene, flache McKenzie Country, DIE Landwirtschaftsregion des Landes. Da kommt die Milch her :) denn es ist echt alles voller Kühe und Ackerland. Dann, dichter Nadelwald, der bis zu den dicken, abgerundeten Steinen an den See lang wächst. So stelle ich mir schwedische Seen vor! Also nicht türkis, aber flach, friedlich, mit Steinen und Nadelwald. Im Hintergrund, schneebedeckte Berge, hohe Gipfel. Und außerdem, diese Kirche, aus Stein, um die Gräser wachsen und Feldblumen blühen wenn man von dort fotografiert hat es so etwas Schottisches, ich kann gar nicht sagen warum, ich war noch nicht mal in Schottland. Aber Bilder, die ich gesehen habe, zeigen immer diese gemütlich-semi-verwest-historischen kleinen Häuschen aus Stein, mit großen Türen, kleinen Fenstern, bewachsen von Moos… hat jemand den Film „The Waterhorse“ gesehen? Der wurde zwar in Neuseeland gedreht, soll aber ja auch irgendwie schottisch sein… naja. Jedenfalls ist die Szenerie gigantisch faszinierend.
Noch faszinierender wird all das aber nachts. Denn dann schaltet sogar die Shell-Tankstelle im Ort ihr Licht aus und es ist komplett dunkel. Also, dunkel-dunkel. Schwarze Nacht. Was nach einer Zeit hell zu leuchten beginnt, sind tatsächlich Sterne am Himmel. Und die Milchstraße… Man kann sie ganz deutlich sehen. Wir haben eine Tour der Sternwarte gemacht, nachts, draußen… und haben uns zeigen lassen, dass Dinge, die wir für Wolken gehalten haben, in Wirklichkeit „Sternhaufen“ sind, wie man das Kreuz des Südens liest und dass es ein Kiwi-Sternbild gibt. Dabei konnten wir durch mehrere Teleskope schauen und haben eine tolle Führung durch den Himmel bekommen. Ich kriege jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke. So etwas einmal zu sehen… ist wirklich eine „life-changing-experience“. Ich kannte die Milchstraße nur aus Büchern… das alles selbst zu sehen… den Unterschied zwischen nördlicher und südlicher Heimsphäre… überhaupt so viele Sterne zu sehen, dass man nach etwa zehn Minuten Dunkelheit alles problemlos erkennt… was soll ich sagen. Ich wünschte, solche Erlebnisse könnten wir mit nach Hause bringen und mit euch teilen. Dass ihr versteht, warum uns das so unter die Haut geht. Warum man so ehrfürchtig wird.

Das genialste Erlebnis für uns Hobby-Fotografen, war jedoch die Begegnung mit einem Mann, der sich „Astrographer“ nennt und auch genau das tut: Sterne fotografieren. Mit der dicksten Kamera die ich bislang so gesehen habe und sowieso Ausrüstung, die soviel kostet, wie andere im Jahr verdienen, fotografiert er das All. Genial. Auf seinen Fotos sieht man, dass Mars richtig orange ist (den konnten wir auch prima sehen, einer der hellsten Sterne am Himmel) und dass es aussieht, als ob sich Sternenkombinationen umeinander drehen… ich kann das echt nicht richtig beschreiben. Jörn und ich haben ihn den ganzen Abend ausgefragt. Und das tollste war: Wir konnten selbst fotografieren. Unsere kleine Kamera, die Jörn liebevoll „Otto“ getauft hat, hat die Milchstraße fotografiert. Dazu hat Fraser, der Fotograf, Otto auf das dickste Stativ geschraubt, das ich je gesehen habe. Eine einzigartige Konstruktion, denn das Ding ist der Erddrehung angepasst, was bedeutet, dass ich auch 15 Minuten belichten kann und die Fotos trotzdem nicht verwackelt sind. Genial. Wir konnten wirklich tolle Fotos machen. Und das Erlebnis mit einem Profi zu fotografieren, ist natürlich auch etwas Besonderes. Was für manche spießig klingen mag, eine „Stargazing Tour“, der Sternwarte, war für uns eines der schönsten Erlebnisse unserer Reise. Mit dicker Jacke und heißem Kakao nachts in die Sterne zu gucken ist einfach unbeschreiblich.
Noch schwieriger fällt es mir eigentlich unseren Rundflug zu beschreiben. Wir fliegen ja beide gern, sonst wäre der Weg ans andere Ende der Welt wohl auch furchtbar gewesen. Aber mit einem dutzend Leute abzuheben ist natürlich noch mal was anderes als in einer Boeing. Jörn hatte das Glück neben Pilot Phil sitzen zu können und auch den Funkverkehr verfolgen zu können. Außerdem hat Phil uns immer gezeigt wann wir nach wo fotografieren müssen… ich bin echt aus dem Staunen nicht herausgekommen. 200 Kilometer Flug, eine Stunde in der Luft und man hat das Gefühl, nichts ist mehr wie vorher. Das soll nicht kitschig klingen oder so. Ich habe, als ich mich vorher informiert habe und mit der Crew dort gesprochen habe (die nettesten Menschen, die wir auf unserer gesamten Reise getroffen haben) von einer Travel Writerin gelesen, dass das ein „Must do in a lifetime“ sei. Amis schmeißen mit solchen Begriffen immer um sich, ich bin da vorsicht. Aber sie ist Kiwi und sogar in der Region aufgewachsen. Erst mit Mitte dreißig, so hat sie geschrieben, hat sie ihre Heimat und ein bisschen sich selbst von oben gesehen. Und hat sich danach weise gefühlt. Klingt total albern finde ich. Aber als ich aus dem Flugzeug gestiegen bin, musste ich an sie denken. Und konnte sie verstehen. Es ist noch gar nicht so lange her, dass die ersten Menschen es geschafft haben den 3500 Meter hohen Mount Cook zu erklimmen. Seit wir diesen Brocken von oben gesehen haben, habe ich davor noch mehr Respekt. Ich meine, das sieht alles so harmonisch aus. Gepuderte Schneespitzen, friedliche Seen, die Tasman-See, Regenwälder und die flache McKenzie Region. Ein bisschen wie bei den Siedlern von Catan, wo man wabenartige Landschaftsstücke nebeneinander legt und egal wie man sie legt, es passt immer. So fand ich das dort auch. Es hat einfach alles gepasst. Und hätte Phil sich nicht immer wieder so nett mit uns unterhalten, ich hätte vergessen, überhaupt in einem Flugzeug zu sitzen. Der Flug war ruhiger, leiser, „unholpriger“ als die neuseeländischen Highways :) ein unvergessliches Erlebnis. Vielleicht können wir mal ein Video oder so online stellen.
Nachdem wir Lake Tekapo so gut wie noch keine andere Stadt (neben Auckland) erkundet hatten, sind wir dann noch zum Mount Cook gefahren, der uns so fasziniert hat. Viele Wanderer machen dort tage- und wochenlange Wanderungen. Wir haben uns wieder für einen etwa zweieinhalbstündigen Rundweg entschieden :) ich merke echt, ich würde zwar nicht sagen, dass wir faul sind, aber ich hätte immer das Gefühl woanders etwas zu verpassen, wenn man nur einen Weg immer weiter läuft… mich zu fragen, ob nicht die Landschaft auf der anderen Bergseite auch einen Blick wert wäre. Und uns geht zunehmend die Schlepperei auf den Keks. Wenn man länger als eine Stunde unterwegs ist, finde ich, braucht man schon wieder eine Wasserflasche, einen Sonnenhut, Jörn ein Schweißhandtuch, ich ein Jäckchen falls es kühler wird… und dann haben wir ja immer noch die Fotoausrüstung dabei. Und dieses mit riesen Rucksack rumlaufen finde ich doch auf Dauer sehr nervig. Außerdem ist man eben als untrainierter Wanderer viel unbeweglicher, wenn man mal etwas klettern muss. Deswegen entscheiden wir uns inzwischen eigentlich immer für ein bis zwei kürzere Strecken, anstatt Tageswanderungen von sechs oder acht Stunden zu machen. Trotzdem muss ich sagen, die Strecke am Mount Cook war der szenistischte Walk, den wir gemacht haben, überhaupt. Man läuft in alpiner Berglandschaft, immer auf einen der Berge zu. Vorbei an Seen, Flüsschen, Felsen und in einem Gletschersee sind sogar Eisberge getrieben, die dort im Sommer schmelzen, Die Seen sahen dann aus wie die Emerald Lakes am Tongariro, ihr erinnert euch vielleicht, den Vulkan, den wir nicht überqueren konnten, wegen Schneefall. Dabei wollten wir doch so gern blaue Gletscherseen sehen. Am Mount Cook gibt es davon zahlreiche – in noch vielfältigerer Umgebung. Auch die eineinhalbstündige Fahrt zum Mount Cook ist gigantisch. Immer geradeaus, vorbei an Kühen, durch den National Park… eine der schönsten Strecken, die man hier fahren kann. Genial.

Die Zeit am Lake Tekapo ist für mich unvergesslich. Wir haben dort so viele Sachen gemacht, von denen wir nie gedacht hätten, dass wir, als Stadtkinder, so etwas überhaupt einmal erleben können.

2 Kommentare:

  1. Die Jöllenbecker1. März 2010 um 05:39

    Liebe Sternengucker vom anderen Ende der Welt,
    erst einmal vielen, lieben Dank für deine Karte, Jörn! Wir sitzen gerade alle zusammen und bestaunen eure super tolle Website. Es ist so schön eure Reiseberichte zu lesen, sodass wir wir uns fühlen als wären wir bei euch. Ihr entwickelt bei uns richtig Fernweh!
    Oma (Tante) Liesel freut sich schon auf ein Wiedersehen und viele tolle Fotos von euch!
    Wir alle wünschen euch noch weitere wundervolle Erlebnisse und eine schöne restliche Zeit on the kiwi side of life ;D
    Aus Bielefeld: Ulrike, Thommy, Oma/Tante Liesel, Elke, Leo und Lara :)

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  2. Ein Milkywaybild von Otto würde mich übrigens sehr interessieren :-) Und wenn ihr billig an son Stativ kommt, ... ;-)

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