Donnerstag, 4. März 2010

Getting personal with Possum – und segelnde Albatrosse, schwule Pinguine und schottisches achteckiges Stadtfeeling : Dunedin und die Otago Peninsula

Von Oamaru sind wir dem Highway 1 Richtung Süden gefolgt, viele Möglichkeiten gibt es hier ja nicht ;) auf dem Weg in die Studenten-Stadt Dunedin (50% der Einwohner sind angeblich Studenten der Otago University, die meisten ausländischen Studierenden sind Deutsche) an den Moeraki Boulders vorbei gekommen, einem typischen Touri-Stopp, aber auch typisch für neuseeländische Roadtrips: Denn hier führt einfach immer mal wieder ein braunes Schild (sonst sind die Schilder hier grün) zu einer „Attraktion“ am Wegrand. Die Boulders sind Steine, riesig groß, kreisrund und kugelig. Und ganz viele davon, direkt an der Küste. Wirklich eine urige Steinformation. Das sieht aus, als hätte der Steinbeißer aus der unendlichen Geschichte Murmeln gespielt ;)

Unsere Unterkunft hatten wir ein bisschen außerhalb von Dunedin gewählt, an der Küste mit Blick auf die Otago Peninsula gelegen, 20 Minuten außerhalb der Stadt. Die beste Entscheidung die wir treffen konnten. Das „Billy Brown’s“ benannt nach Besitzer Bill Brown hat nur drei Zimmer, dafür aber drei Bäder und eine auf Heruntergekommen gemachte, (Wellblech im Patchworkstil statt Tapete, scheinbar nicht zusammen passende Couchen, alter Kamin, alte Bücher – wenn ihr auf den Fotos mal so etwas sehen solltet, das wäre unser dann unser Paradies für etwa 48 Stunden) urgemütliche Living Area. Auch wenn die Auffahrt (wenn man nicht ordentlich Schwung holt und den Berg hochprügelt bleibt man Stecken und die Farmer müssen einen retten) hat sich gelohnt :) genial. Interessanterweise haben wir bei dieser Unterkunft, die mit „No TV, no Internet, no worries“ wirbt auch die nettesten Leute kennen gelernt… ein britisches Pärchen auf Honeymoon in der ersten Nacht, ein österreichisches Pärchen mit Schweizer Reisebegleiter in Nacht zwei und alle haben uns so nette Reisetipps gegeben, dass wir danach völlig umgeplant haben  nachts hört man von der Privatfarm auf dem eigenen Hügel direkt am Meer nur Schafe mähen und das Meer rauschen. Die Sonne geht direkt hinter den Hügeln auf. Am zweiten Abend, als die anderen schon im Bett waren und Jörn mit Fotos beschäftigt war, habe ich es auf der Holzveranda „trampeln“ hören. Jörn hat mich für vollkommen bescheuert gehalten, als ich gesagt habe, dass ich jetzt mal gucken gehe, ob sich ein Schaf verirrt hat. Aber was mich hilflos angeschaut hat, war kein Schaf, sondern ein dickes, offensichtlich ungeschicktes Possum, das dort herumgeklettert ist. So ein niedliches Wesen. Possums sind von den Australiern nach Neuseeland eingeschleppt worden und haben mit Opossums (siehe Nordamerika / oder Ice Age Film) nichts zu tun. Sie sind viel größer, haben richtig flauschiges Fell, dreieckige Ohren und einen gelenkigen Schwanz, den sie einrollen können wie ein Farnblatt. Ob man es glaubt oder nicht, in Neuseeland gibt es mehr Possums (Schätzungen 45 Mio.) als Schafe (40 Mio). Sie gelten hier jedoch als Pest, die den gefährdeten und komplett hilflosen Kiwi und viele weitere Vögel bedrohen, da sie sich in Neuseeland nicht nur von Pflanzen (uns wurde gesagt „One Possum eats through four plastic bags of vegetation a day), sondern auch von Eiern ernähren. Daher wird in vielen Gebieten Possum-Gift, das viel umstrittene „1080“ versprüht und Fallen aufgestellt. Ich will jetzt keine Moraldiskussion eröffnen, aber erinnert ihr euch an den Hobbit? Der Wildschweine als Haustiere hält und sich mit bloßer Hand am Stracheldraht festhält? Der verliert Woche um Woche Schweine an das Gift, das angeblich nur den Possums Schaden kann und soll. Besonders nach der Begegnung mit „Brownie Bill“, wie ich das Possum getauft habe, der sich hat streicheln lassen und so friedlich und nett war :) läuft es uns immer kalt den Rücken runter, wenn hier stolz erzählt wird, dass das Waldstück als „pestfree“ gilt – dann wurden alle Igel und Possums getötet… vielleicht könnt ihr Brownie Bill nach den Fotos ja etwas mehr in euer Herz schließen. Wir haben jedenfalls versucht, den Eierdieb mit Toastbrot zu beglücken (das einzige was wir noch hatten, ich weiß nicht ob der Entenfüttertrieb oder der Wunsch Kiwi-Eiern Leben zu schenken größer war) – erfolglos. Er hat kritisch geschnüffelt, aber kein Interesse gezeigt. Sehr sympathisch 

Das tolle an Dunedin, ist meiner Meinung nach übrigens nicht die von schottischen Siedlern gebaute Stadt voller Kirchen und Steinhäusern in Lebkuchen-Optik (schwarz-weiß alle) die sich rund um die achteckige Stadt aufgestellt haben (das Stadtzentrum heißt nicht umsonst Octagon) auch nicht, die steilste Straße der Welt, die Baldwin St, die man hoch laufen oder wem nichts an seinem Auto liegt, vielleicht sogar fahren kann. Auch die Cadbury-Schokofabrik, die uns mit tonnenweise kostenloser Schokolade versorgt haben, war zwar niedlich, aber auch nicht mein Dunedin-Highlight  das besondere ist die Halbinsel am Ende der Stadt, die Otago Peninsula. Die ragt so weit ins Meer und das Ör zur Halbinsel ist so schmal, dass hier die Tiere glaube ich meinen, sie seien auf einer Insel.
Angefangen beim Royal Albatross, der eigentlich nur auf vorgelagerten Inseln Neuseelands lebt… hier gibt es die einzige Albatrosskolonie am Festland weltweit!! Dann gibt es hier unzählbar viele Seals und Sea Lions, Gelbaugen und kleine blaue Pinguine und eine Wildlife Tour nach der anderen für die hierher pilgernden Touris. Vom Wasser, vom Land, aus der Luft, hier muss man Tiere gucken. Wir haben uns für einen Besuch der Albatross-Kolonie und eine Wanderung durch Conservation Area an der Spitze der Halbinsel entschieden, bei denen uns das Schutzprogramm der Gelbaugenpinguine näher gebracht wurde.
Vom Albatrosscenter waren wir etwas enttäuscht – auch wenn unser Guide, Kanadierin Bridget sehr unterhaltsam und maximal euphorisch war. Die riesigen Vögel sind zwar über uns hinweg gesegelt, aber von der Kolonie, von den Vögeln, die auf den Küken (Bridget: „Giant balls of fluff“) sitzen und Nester bauen und landen und starten (was irre witzig aussieht, wer kennt Wilbur aus „Bernhard und Bianca?“ genau so!!!) hat man ohne Binoculars nichts gesehen. Oder eben auf der „Cam“ die sie aufgestellt haben… wir waren einfach schon so verwöhnt aus Kaikoura, wo wir die Vögel scheinbar streicheln konnten :)
Dafür haben wir das lesbische Albatross-Pärchen gesehen, die es bis in die Bild-Zeitung geschafft haben. Die beiden Mädels haben ein allein gelassenes Ei adoptiert und kümmern sich nun gemeinsam um das Küken. Albatrosse paaren sich für’s Leben – und legen alle drei Jahre ein Ei. Sie gehen neu auf Partnersuche, wenn ihr Partner drei Jahre später (so lange sehen sie sich nämlich nicht) nicht bei der Kolonie sein sollte oder das Paarungsritual aus irgendwelchen Gründen scheitert. Die Mitarbeiter gehen also davon aus, dass die Homo-trosse wieder auf Männer umsteigen ;)

Faszinierender noch als die Albatrosse selbst zu sehen war für mich das ganze drum herum noch besser erklärt zu bekommen, das war echt toll gemacht. Die Königsalbatrosse leben eigentlich auf vorgelagerten Inseln und haben sich um 1940 Mal nach Otago verirrt. Ein Vogel kehrt nämlich immer dahin zurück, wo er herkommt. Wie bei den Gannets am Cape Kidnappers. Wenn die Küken mit knapp 10 Kilogramm allerdings abhauen, sind sie erst mal 5-6 Jahre weg und nur in der Luft. Wenn im Oktober, November das erste Mal welche zurückkehren, können die gar nicht laufen, hat Bridget erzählt. Und ich finde die so schon ziemlich lustig zu Fuß – und beeindruckend in der Luft.

Zum ersten Mal haben wir am Tairoa Head auch einen anderen in Neuseeland verbreiteten Vogel gesehen. Den Spoonbill. Witzig sieht der aus. Müsst ihr mal googeln. Fotos kommen noch an anderer Stelle ;)

Die genialste Pinguin-Tour haben wir nur zwei Kilometer weiter gemacht, auch am Tairoa Head, der Spitze der Peninsula, wo man wirklich viel viel viel mehr Wasser als Land sieht. Unser Guide Tim hat uns bis ans Ende einer Gravel Road mitten im abgesperrten Naturschutzgebiet gefahren und dann sind wir, nachdem wir die Pinguin-Aufzucht-Station besucht haben und erschrocken gelernt haben, dass es nur noch 4000 Gelbaugenpinguine weltweit gibt (2000 auf Neuseelands Südinsel), losgewandert. Wir haben gehofft, einen zu sehen und waren euphorisch, als wir neben dicken Seals einen haben „landen“ sehen, der gerade vom Meer kam. Wir standen oben uaf einer Klippe und er kam 50 Meter unter uns an Land an – da haben wir uns schon privilegiert gefühlt, einen zu sehen. Doch die Natur ist unberechenbar und so standen drei Pinguine, zwei Babys und ein Papa (tatsälich stellte sich hinterher heraus, dass es sich um die Homo-Pingu-Babys handelt, bekannt aus den Medien, zwei Küken, zwei Väter und die Väter versuchen immer weiter zu apotieren… superdad quasi), mitten auf dem Weg als wir um die Ecke gekommen sind und haben sich gesonnt. Wir waren ungelogen nur einen Meter entfernt und sind erstmal eingefroren, bevor Jörn glaube ich 500 Fotos gemacht hat  Unglaublich. Auch Tim war begeistert, das hat man richtig gemerkt. Die drei sind nicht mal abgehauen. Genial. Nachdem wir noch zahlreiche blaue Pinguine in ihren Holzhäuschen vom Department of Conservation haben sitzen sehen (Tim: „They’re not endangered or anything, not that special“ – ich war fasziniert!) hat uns unser Guide in ein Tunnelsystem aus Tarnnetz geführt. Darin war es warm, stickig und düster… niedrig und staubig… ich dachte erst, das kann ja lustig werden, bis wir direkt auf eine Gruppe von Pinguinen zulaufen konnten, die uns kaum bemerkt haben oder zumindest nicht geflüchtet sind. Die Kinderkrippe, hat Tim erklärt. Küken, die noch nicht „Waterproof“ sind und noch gefüttert werden tun sich tagsüber zusammen und erkunden die Welt  total niedlich.
Wir wollten gar nicht wieder gehen. Es war genial. Eine private Tour durch die Welt der Pinguine, drei Stunden lang… und dafür zahlt man hier nicht mal 30 Euro pro Person, nur um euch eine Vorstellung zu geben in welchen Dimensionen wir uns bewegen.

Eine Schattenseite hatten unsere Erlebnisse auf der Otago-Peninsula jedoch: Ich glaube, an Pinguinen im Zoo werden wir keinen Spaß mehr haben…

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