Sonntag, 7. März 2010

You’re not in Kansas anymore, Dorothy… - Milford Sound, Doubtful Sound, Fiordland

Ein Gebiet, ein Nationalpark, so groß wie Hessen, kein einziger Einwohner, dafür Busch, Regenwald und unergründete Flora und Fauna mit Arten, die doch eigentlich schon ausgestorben sein sollten – das ist das Fiordland Neuseelands im Südwesten der Südinsel.
Ich hoffe unter euch gibt es niemanden, der Avatar nicht gesehen hat. Denn abgesehen davon, dass ihr dann den besten Film des vergangenen Jahres verpasst habt, versteht ihr auch meinen PANDORA-Vergleich nicht. Das war nämlich das erste, als wir durch Regenwälder und Wasserfälle gefahren sind, vorbei an riesig hohen Pflanzen, die wir noch nie gesehen haben… wir dachten: Pandora. OK, die Inselchen fliegen nicht. Und die Wasserfälle stürzen somit auch nicht ins Nichts. Und blaue Wesen, die ihre Haare irgendwo reinstecken haben wir auch nicht gesehen… (auch wenn die wenigen Fiordland-Bewohner doch ein sehr eigenes Volk sind, wie wir efstgestellt haben) aber abgesehen davon hat mich ALLES an die im Film gezeigte Location erinnert.
Unsere Unterkunft war an einem Berg… lauter kleine Hüttchen, mitten im Busch, mitten im Nichts. Von der Veranda der Besitzer hat man Busch und Berge gesehen. Und den Sonnenuntergang. Sonst nichts. Da verliert man echt die Orientierung, wenn man nur 50 Meter läuft.
Warum die meisten Leute ins Fiordland kommen, ist wohl entweder um zu wandern (der Milford Track, für den man fünf Tage braucht, in Holzhütten übernachtet und seine gesamten Vorräte inklusive Wasser herum tragen muss – weil man eben im NICHTS ist – ist besonders beliebt) oder um sich den dramatischen Milford Sound, einen recht gut zugänglichen Fjord, anzuschauen.

Wir haben uns gegen das Wandern entschieden  aus Bekannten Gründen ;) hinzu kommt hier noch: die faszinierende Landschaft kommt nicht von ungefähr: hier gibt es acht Meter Niederschlag pro Jahr. Im Norden der Südinsel sind es nicht einmal zwei. Nur so zum Vergleich. Von vier Tagen regnet es an dreien und zwar in einem durch. Ich bewundere all die Leute, die fünf Tage durch den Monsun wandern. Aber weder Milford noch Kepler Track konnten uns überreden, dass sich diese Nässe lohnt… also wollten wir zumindest zwei Fjorde erkunden, den Milford Sound, den kleineren, dramatischeren, touristischeren und den Doubtful Sound, den größeren, einsameren, verwegeneren.
Milford Sound: Allein die Straße zum Milford Sound ist ein Erlebnis. Sie führt mehr als 140 Kilometer immer geradeaus. Ohne Querstraßen. Ohne Alternativrouten. Wenn man so will, eine Sackgasse. Wir sind um sechs Uhr morgens losgefahren, um das erste Boot nehmen zu können und so den angeblichen Menschenmassen (denn das will ja jeder machen heißt es) auszuweichen. Auf drei Stunden Fahrt hat es drei Stunden geschüttet. Und nicht nur der Regen war frustrierend, sondern auch der dichte Nebel. Von den Bergen und steilen Klippen, von Wasserfällen und reißenden Flüssen haben wir auf dem Hinweg nichts gesehen. Etwas frustriert und von fiesen Sandflies verfolgt, standen wir etwas frustriert an einem wie See wirkenden Hafen und sind eher skeptisch auf’s Boot geklettert. Doch Jörns Wetterbeschwörungen haben geholfen – denn mit einem Mal ist es aufgeklart. Richtig schön. Und wir hatten eine der schönsten und beeindruckensten Touren unserer Zeit in Neuseeland. Man fährt so dicht an diesem steilen Gebirge vorbei, saust durch Wasserfälle (da wird’s auch richtig nass) und treibt dann wieder scheinbar ohne jeden Seegang in Richtung Tasmansee. Auf dem Weg haben wir nicht nur den gigantischen Mitre Peak gesehen, sondern auch Bottlenose Dolphins, (ich glaube auf Deutsch heißen die große Tümmler, diese Flipper-Delfine ;) ) Fellrobben und ich habe einen Fiordland Crested Penguin schwimmen sehen! Das sind die mit den gelben Augenbrauen 

Auf der Rückfahrt konnten wir auch die geniale Landschaft genießen. Es wurde dann richtig heiß und sommerlich. Man sagt der Region nach, dass man alle Jahreszeiten an einem Tag erleben kann, das kann ich nur bestätigen. Da es die ganze Nacht geregnet hatte, gab es immer noch unendlich viele Wasserfälle an jeder Ecke und hinter Neuseelands längstem Tunnel haben wir auch wieder Keas gesehen! Genial. Und jeder Fotostopp war ein Postkartenmotiv. Nachmittags waren wir ganz erschöpft vom Fotografieren und aus dem Auto springen *gg* die kleinen Seitenwalks zu Aussichtspunkten, Seen & Co. Waren auch sehr nett. In Te Anau, dem Gateway zum Milford Sound sozusagen, haben wir den Tag dann gemütlich ausklingen lassen. Jörn hat angeblich sehr genialen Fisch gegessen und wir haben einen tollen Film über das Fiordland geguckt. Ein atemberaubender Tag, voller landschaftlicher Dramatik. Ich habe die Fotos noch nicht gesehen, aber ich hoffe sie können das erlebte besser wieder geben als meine Erzählungen. Der Fiordland National Park ist landschaftlich die „krasseste“ Szenerie des Landes, definitiv. Und touristisch fand ich’s kaum. OK, der Hafen wirkt ein bisschen wie ein Flughafen beim Check-in… aber da ist ja NICHTS! Und auch andere Boote im Fjord selbst nimmt man nicht wahr. Ich hatte kaum andere Leute im Foto… also dass es hier überfüllt wäre, kann ich gar nicht bestätigen.
Doubtful Sound: Eigentlich hatten uns alle, die wir getroffen haben, davon abgeraten uns den Milford Sound anzuschauen. Zu überlaufen, zu unspektakulär. Man solle sich den wirklich geheimnisvollen Doubtful Sound angucken. Da wäre kein Mensch… klar, denn der Doubtful Sound ist auch viel schwieriger zu erreichen. Nachdem uns der Milford Sound so gut gefallen hatte, dachten wir, dass es ja nur noch besser werden kann :) leider war dem nicht ganz so. Der Doubtful Sound war für uns ein zweifelhaftes Vergnügen.

Um dorthin zu gelangen, überquert man erst in einer niedlichen Bootstour etwa eine Stunde lang, den ewig langen Lake Manapouri. Danach fährt man im Bus (wir hatten einen niedlichen Busfahrer, der eigentlich schon pensioniert war und gesagt hat „ja, ich mach das nur zum Spaß“ – und den hatte er auch) zu Neuseelands größter Power Station, bevor man weiter mit dem Bus zum Schiff an den Doubtful Sound fahren kann.
Die Power Station, fand besonders Jörn faszinierend. Dort wird mit der Wasserenergie des Fiordlandes (Bewegung vom Wasser ins Meer im Endeffekt) Energie erzeugt – für insgesamt 50 000 Haushalte in Neuseeland, das ist die halbe Bevölkerung der Südinsel. Um das zu ermöglichen wurde im Regenreichen Fiordland 40 Jahre gebaggert, geschuftet und gebaut…

Die anschließende Busfahrt zum Schiff hat sich sehr gezogen.. es war so nebelig, dass wir nichts gesehen haben. Als wir total enttäuscht bei einem Fotostopp ausgestiegen sind, freute sich der Busfahrer was man doch heute für eine tolle Sicht hätte – meistens würde man gar nichts sehen. Wir haben Bäume im Nebel gesehen… dafür haben wir am selben Ort fotografiert wie National Geographic vor ein paar Monaten… immerhin.

Die Fahrt über den Doubtful Sound war schön, vor allem weil wir wieder Delfine gesehen haben. Und ja, man hat auch zu beiden Seiten Berge und Gebirge gesehen… und ein besonderes Erlebnis war, als der Kapitän die Motoren ausgemacht hat und man das Gefühl hatte, die Stille hören zu können. Das war echt sehr besonders. Aber die Landschaft war eher vergleichbar mit der Fährüberfahrt von Wellington nach Picton und lange nicht so dramatisch und beeindruckend wie die am Milford Sound. Von allen Ausflugszielen die wir bis heute (7. März) in Neuseeland hatten, ist das das einzige, was sich für mich nicht wirklich gelohnt hat. Aber hey… wir hatten eine gute Zeit und ich durfte neben dem Kapitän sitzen und ihm meine Delfin Fotos zeigen, der war ganz beeindruckt, weil er sie selber nie sieht, weil sie immer hinter dem Boot her hüpfen :) und wir haben ein nettes deutsches Pärchen kennen gelernt, mit denen man prima Tipps austauschen konnte, das war auch sehr nett. Jörn hatte eine Begegnung mit einem Mann aus Lünen, der sich allen ernstes eine halbe Stunde lautstark über die miserable Qualität des kostenlosen (!!!) Kaffees beschwert hat. Da ist man mal im Fjordland, im einsamsten Zipfel des Landes, das von Deutschland am weitesten entfernt liegt und man trifft einen Typ-pensionierten Geschichtslehrer aus Lünen der über Kaffee meckert….
Der Doubtful Sound hat seinen Namen übrigens von Captain Cook, mal wieder… dem erschien es vom Meer her nämlich so eng und gefährlich dort mit seinem Schiff hereinzufahren, dass er es bleiben ließ und den Ort Doubtful Harbour nannte. Auch viele Maori-Legenden beschreiben diesen schon etwas mystischen Ort.

Die Zeit im Fiordland war abwechslungsreich und faszinierend. Unglaublich, dass das zu unserer Welt gehören soll, diese Landschaft. Auch die Begegnung mit einem Weka (Kiwi-Verwandter) und den Delfinen war toll. Aber anders als in den Catlins, haben wir hier die Einsamkeit schon als sehr drückend empfunden. Da ist wirklich GAR NICHTS. Und man hinterfragt dann schon mal die Infrastruktur… mehr davon sollte es in der Touri-Hauptstadt Queenstown geben, unserem nächsten Ziel.

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