Montag, 15. März 2010

Haere ra – Abschied nehmen…

Es ist unser letzter Abend in Auckland, in dem wir uns immer noch heimisch fühlen, obwohl wir so lang nicht hier waren. Alles ist vertraut, vertraut schön. Und das macht es noch weniger einfach die Stadt und das magische Land zu verlassen.
Was soll ich sagen? Es ist ja nicht, dass hier alles besser sei. Ich würde lügen, wenn ich das behaupten würde. Mehr denn je glaube ich auch, dass viele, die hier her auswandern ohne das Land je gesehen zu haben, ohne den Alltag kennen gelernt zu haben, sehr naiv sind.
Aber es gibt so ein paar Dinge, die werde ich vermissen. Sehr vermissen. Da wird echt das Herz ganz schön schwer. Vor allem ist das die „Good on ya“-rücksichtsvolle Mentalität der Neuseeländer. Wo man auch hinkommt, es herrscht ein MITEINANDER. Fremde grüßen sich, schätzen sich. Jeder wird respektiert, jedem wird das maximale Maß an Achtung entgegen gebracht, anders als in Deutschland wo es ständig heißt, Respekt müsse man sich erst verdienen. Höflichkeit, Rücksicht, Einfühlsamkeit – überall. Ich kann euch gar nicht von allen Menschen erzählen, die uns geholfen haben, einfach so. Weil es für sie selbstverständlich ist. Der Mann, der mit Jörn zusammen eine Lampe am Auto ausgetauscht hat und einfach so eine Stunde gebastelt hat ist nur ein Beispiel. Eines von hunderten. Hier unterhalten sich die Menschen an jeder Fußgängerampel, wünschen sich einen schönen Tag, ein schönes Leben und nur das Beste und meinen es auch so. „Cheers Bro‘“ ist kein Gangstergruß, das sagen die Anzugträger mitte fünfzig, wenn sie sich bis zum nächsten Tag verabschieden.
Überhaupt haben die Menschen eine so gesunde Work-Life-Balance… Erst kommt die Familie, dann die eigene Gesundheit (Sport und Bewegung ist hier Bestandteil des Alltags) und dann kommt der Job. Und das ist ganz selbstverständlich so. Dass man früher geht, wenn das Kind da ist. Dass man wegen einer Beerdigung nicht kommt („take as much time as you need“) dass man auf der Arbeit auch mal sagen darf, dass man heute keine Lust hat. In Deutschland hatte ich immer das Gefühl verurteilt zu werden… dass der Job und die berufliche Karriere ganz oben stehen muss, sonst hat man den Job nicht verdient. Es ist einfach eine andere Mentalität.
Was noch? Die Landschaft. Ehrlich ich meine, msus ich dazu was sagen? Das GRÜN der Pflanzen, das BLAU des Meeres, Natur, überall. Wir haben zum Beispiel IMMER draußen gegegessen… oder mal im Auto ;) aber wir waren eigentlich nur draußen. So braun wie wir jetzt sind, sind wir wohl nie wieder… (ich habe sogar eine Bräunungslinie von den Flip-Flops). Das wird mir sehr fehlen.
Und dann sind es kleine Dinge… Vogelgezwitscher immer und überall… Meeresrauschen und dazu einzuschlafen… die Milchstraße zu sehen… ständig… die viele Bewegung ohne sich zu verausgaben, einfach „unterwegs“ zu sein… morgens ins Auto zu steigen und auf neue Abenteuer zu warten… diese Unbeschwertheit. Viel Zeit mit Jörn zu verbringen habe ich auch genossen. Früher hab ich immer gesagt, wenn wir nicht zusammen wohnen würden, würden wir uns gar nicht mehr sehen…  das war hier natürlich anders. Gut zu schlafen!!! Das werde ich vermissen. Mich beschäftigen Dinge immer bis in den Schlaf – je „sorgenfreier“ desto weniger Albträume und erholterer Schlaf… unsere alltäglichen Routinen werde ich vermissen. Ach, einfach so viel was mit diesem Roadtrip-Feeling zu tun hat. Sich über frisches Brot wie einen Lottogewinn zu freuen… Obst am Straßenrand zu kaufen… Eier dort zu kaufen, wo die Hühner einem um die Füße laufen.
Es war echt eine gute Zeit, eine unvergessliche Zeit. Ich glaube ich würde nichts anders machen. Auch wenn es mir unglaublich schwer fällt, das Kapitel Neuseeland abzuschließen. Gerade fühlt es sich mehr an, als fliegen wir morgen in einen zweiwöchigen Urlaub in die Südsee und sind dann wieder da…
Wenn es aber etwas gibt, dass mir echt Vorfreude auf zu Hause macht, dann seid ihr das übrigens. Alle, die hier so treu und regelmäßig mein ungeordnetes Geschreibsel aufgesogen, teilweise sogar ausgedruckt und archiviert haben  alle die an uns denken, wenn es uns gut geht aber auch, wenn es gefährlich werden könnte (siehe Chile) alle, die uns vermisst haben, manche sogar so sehr, dass sie uns besucht haben. Unsere Familien. Unsere Freunde. Unsere engsten Vertrauten. Wir sind so dankbar, dass es euch gibt. Und dass ihr uns alle so den Rücken stärkt, uns ermutigt und uns auch Mut gemacht habt, als wir die Entscheidung überhaupt getroffen haben, die Chance zu nutzen und auf das „Projekt“ Neuseeland hinzuarbeiten. Danke für alles.
Nun versuchen wir noch etwas euphorischer zu werden was unsere nächsten Reiseziele angeht. Mir fällt das im Moment nicht ganz einfach, viele Dinge beschäftigen mich und ich denke viel an zu Hause. Wir versuchen dennoch uns in Erinnerung zu behalten, dass unsere Reise das Erlebnis unseres Lebens ist – und dass noch viele Besonderheiten auf uns warten.
Auch wenn ich persönlich nicht weiß, was irgendwo, Hong Kong, Sydney oder Fiji oder sonstwo auf der Welt, schöner sein soll als hier.
Wir melden uns vom roten Kontinent!

1 Kommentar:

  1. Na ausgedruckt und archiviert habe ich den Blog zwar nicht ;-), aber es war immer wieder schön, was neues zu lesen, zu sehen und von euch vom anderen Ende der Welt zu hören... Auch wenn man eigentlich nur neidisch werden konnte in diesem Dauerwinter hier. Vielleicht bringt ihr, wenn ihr wiederkommt, tatsächlich ja mal sowas wie Frühling mit - würde ganz gut passen, denn die Grills warten hier jedenfalls schon. Freu mich drauf! Auch wenn ihr jeden Tag draussen oder im Auto gegessen habt und das somit für euch mega unspektakulär ist, hier wärs mal wieder der Wahnsinn =)
    Tut euchs mit dem Abschied nicht so schwer, immerhin habt ihr ja noch ein paar Tage "Urlaub". Genießt diesen also und kommt gut rum...
    Grüße auf den roten -
    Daniel

    AntwortenLöschen