Donnerstag, 28. Januar 2010

3500 +7 Meter Abenteuer – Skydiving und Wildwasser-Rafting

Der Schwabe vom Segelboot in Taupo hat stolz berichtet, dass er Jetboot fahren war und einen Hubschrauber-Flug machen möchte. Begründet hat er das so: „Hei, desch des Adrenalin-Land, da kannsch net Heim komme und hasch nix gmacht!“ – und wir haben ihn etwas amüsiert belächelt. Neuseeland, das Adrenalin-Land. Viele kommen nur zum Bungy- und Fallschirmspringen und um einmal ihre Ängste zu überwinden. Bislang hatte uns das alles eher kalt gelassen. Aber jetzt ist Robert ja da – da denkt man über manche Aktivitäten noch mal aus der Gruppen- und nicht aus der Pärchen-Perspektive *gg* und Rob, den wir gar nicht als Adrenalin-Junkie kannten, hat sich mal eben aus dem Flugzeug gestürzt. Vor unseren Augen quasi.
Nachdem Mandy schon so von ihrem Fallschirmsprung geschwärmt hatte und Taupo mit 40.000 Jumps pro Jahr als Skydive-Welthauptstadt gilt, hat es bei Rob wohl auch gekribbelt. Und nachdem wir einen Vormittag kritisch die Wolkendecke beobachtet haben, ging als es grünes Licht vom „Base“ gab auf einmal alles ganz schnell: Rein in einen roten (zu kurzen) Anzug, eine Schutzbrille noch schnell aufsetzen (dass sie falsch rum war ist niemand aufgefallen) und schon sprang er mit Benny, seinem drahtig-sportlichen Tandem-Guide der schon 5000 Sprünge in den Knochen hatte, in ein Flugzeug und war weg… wir waren unten ganz nervös. Als Einführung gab es ein zehnminütiges Video, keine Trockenübungen oder sowas. Ich hatte richtig Gänsehaut, als das Flugzeug abgehoben ist. Dann saßen wir mit „Packern“, das sind die, die hinterher die Fallschirme wieder verstauen, in der Flugzeuggarage und haben gewartet… als erstes kamen in einem Affenzahn die Fotografen runter. Auf Wunsch kann man sich nämlich bei seinem Sprung filmen und fotografieren lassen. Zu unserem und eurem Glück hat Robert das auch gemacht :)
Naja, und dann kamen sie. Ein bunter Schirm nach dem anderen. Rob hing an einem blauen. Über Fallschirmspringen kann ich nichts erzählen. Ich weiß nicht wie es wohl ist, 15000 Fuß hoch an einer offenen Flugzeugtür zu sitzen und auf einmal keinen Halt mehr zu spüren. Ich weiß nicht, wie es ist, wenn der Wind einem jeden Quadratzentimeter Haut durchschüttelt. Ich weiß nicht, wie es ist die Vulkankette und den Lake Taupo auf sich zukommen zu sehen. Ich weiß auch nicht, wie es ist, wenn auf einmal der Fallschirm aufgeht und man segelt anstatt zu fallen. Ich kann mir nur vorstellen, was es für ein Gefühl sein muss, auf der ausgetrockneten Wiese zu landen, mit weichen Knien… eigentlich weiß ich nichts. Außer, dass ich sogar vom Zuschauen eine Gänsehaut hatte. Und dass Rob über die ganze Wiese „Thank you“ zu seinem Guide gebrüllt hat und dann da erst mal stand und gar nichts gesagt hat. Andere sind kreischend gelandet und haben die Erde geküsst, andere haben Luftsprünge gemacht… Robert hat einfach nur da gestanden und sein ganzes Gesicht hat geleuchtet :) pure Überwältigung würde ich sagen. Und da er direkt danach gefragt hat, ob wir noch an anderen Städten vorbei kommen, wo man das machen kann, heißt wohl, dass es nicht ganz verkehrt gewesen sein kann ;) alles andere müsst ihr ihn fragen… aber die Fotos und das Video sind der absolute Hammer.
Liebe Nicole übrigens, und liebe Familie – nicht denken wir haben einen schlechten Einfluss... Jörn hat wohl alles versucht um Robert abzuhalten :) aber wenn das Abenteuer ruft, kann wohl auch ein bester Freund nichts bewirken. Und schon ist man in 3500 Metern Höhe…
Nach einer sehr erholsamen Nacht in einem tollen Backpacker in Taupo haben wir am nächsten Tag direkt noch ein Abenteuer erlebt – und auch wenn ich mir das nicht vorstellen kann, Robert sagt jetzt noch, dass das viel gefährlicher war als Fallschirmspringen: Wildwasser-Rafting.
Hinter Rotorua fließt der Kaituna-River auf dem man den höchsten kommerziell raftbaren Wasserfall runter fahren kann. Sieben Meter geht’s da runter. Sieben Meter! Mehr als ein Haus, also je nach Haus. Aber… sieben Meter!!! Da wir von vielen gehört haben, die begeistert vom Wildwasser-Rafting und Abenteuern im Gummiboot waren, haben auch wir eine Tour gebucht. Vorher haben wir uns abgesichert, dass wir weder zu groß noch zu schwer sind… aber diese Ausrede hat wohl nicht gezählt, alles kein Problem.
Der Operator hat Base auf einem Campingplatz, was ganz praktisch war, da wir da gut parken und später sogar duschen konnten. Dort angekommen, ging alles ziemlich schnell. Wir haben unsere Guides kennen gelernt Jimmy und Isaac. Ich sage nur OUTBACK JACK… die beiden sahen so aus, als ob sie sich ihr Abendessen selbst jagen – mit bloßen Händen! Jimmy, kernig, mit Bart und Glatze, etwa Mitte dreißig würde ich schätzen und hatte so eine Drill-Instructor Art… Isaac, optisch eher Kelly-Family meets Hulk Hogan… lange Haare und strahlend weiße Zähne, aber auch er sehr muskulös und so ein Outdoor-Typ… die beiden haben uns mit Schuhen, Regenjacke und mich mit Wetsuit ausgetstattet. Der Fluss sei warm meinte Jimmy und sprang in Badehose und Shirt rein... nachdem wir auch unsere MItpaddler, zwei Jura-Studenten aus England, kennen gelernt hatten, ging’s los… „Rafting is like having sex“ – war das erste was uns Jimmy im Boot gesagt hat „It’s all about the right flow, vibe and energy“… das war der letzte Witz den er gemacht hat. Danach kamen nur noch Kommandos. „Backpaddle, Team, backpaddle! – Get down, hold on!“ seine Kommandos hallen bei mir immer noch wieder. Jörn und ich saßen vorne im Boot und haben versucht synchron gegen die starke Strömung zu paddeln. Echt anstrengend. Nach einer Minute der erste Wasserfall. Der erste von 14, zwischen einem und sieben Metern. Ich habe mich echt auf dem Rand des Boots sitzend bei dem Kommando „Hold on“ krampfhaft an den Seilen festgehalten… aus dem Boot fallen will man hier nicht. Vor den schlimmen Drops hat Isaac uns Anweisungen gegeben, was wir tun, wenn wir kentern oder einer raus fällt… da fängt das Herz schon an zu klopfen und man ist dankbar für Helm und fette Lifejackets. „Sarah I know you’re a little scared“, hat Jimmy irgendwann gesagt. Und ich glaube ich habe nur genickt… „just got tons of respect“. „Respect is good“, hat Jimmy gesagt… und dann, dass schon über 20 Menschen auf dem Fluss gestorben sind. Keine Info, die man in diesem Moment haben will. (Aber alles Privatleute, niemand der mit Guide unterwegs war…) und dann kam er irgendwann, der big drop… sieben Meter… gut, dass der Wasserfall von oben nicht so hoch ausgesehen hat… und Jimmy hat noch mal ein paar Schlachtrufe gestartet, to release tension, wie er gesagt hat… weil es war schon echt krass… echt krass… ich weiß gar nicht wie ich das beschreiben soll. Man fällt und fällt und dann ist man unter Wasser, sehr lang unter Wasser… die Fotos, die eine Fotografin gemacht hat, zeigen, dass das ganze Boot recht lang unter Wasser war. Wir alle. Aber wir sind wieder aufgetaucht und nicht umgekippt. Und dann haben alle nur geschrien… und sich gefreut. Da wussten wir aber noch nicht, was als nächstes kommt. „Can all of you guys swim?“ hat Jimmy gefragt und etwas verwirrt haben wir genickt, die Sicherheitschecks hatten wir doch am Anfang gemacht. Und dann sprang er aus dem Boot und kletterte auf einen Felsvorsprung. „Then get out“. Ich dachte er macht scherze. Habe zu Jörn geguckt, dann zu Rob. Die Jura-Studis kamen ihm schon nach. Ich weiß noch, dass ich als Vorletzte rausgeklettert bin… und mehrfach gefragt habe, ob er „for real“ sei… ich dachte er macht Scherze. Darauf war ich nicht vorbereitet. Ich war immer noch schockiert, dass Isaac und das Boot ohne uns einen Wasserfall runter fahren, als Jimmy erklärt hat was zu tun ist. Reinspringen, auf den Rücken legen und nach links mit der Strömung schwimmen. Dann zum Boot. Ganz einfach. Und los ging’s schon. Die ersten waren im Wasser. Ich habe noch gerufen, ob er sich echt sicher sei, ich wäre noch nie mit Klamotten geschwommen. „You’ll be fine“ hat Jimmy gesagt… und dann bin ich ins reißende Wasser gesprungen. Etwas, das ich sonst nie machen würde. Ich meine, man weiß weder wo einen das Wasser hintreibt, noch, was unter der Wasseroberfläche ist. Wie tief es ist, ob man nicht auf einen Stein springt oder so. Ich bin einfach gesprungen. Und dann habe ich gemerkt, dass mit Lifejacket schwimmen ganz anders ist, als „normal“ zu schwimmen… und dass ich eigentlich gar nicht wusste, was ich da tue. Und dann kam der Wasserfall. Ich wollte nicht atmen… schließlich ist man ja lang unter Wasser. Aber ich glaube aus Schock habe ich irgendwann doch geatmet und dann habe ich versucht zu schwimmen, habe mich gedreht und wusste nicht mehr wo ich bin. Echt krass. Gegen diese Strömung… da kann man das Schwimmen auch bleiben lassen… ich war echt komplett orientierungslos… Jörn ist auf der falschen Seite rausgekommen und Jimmy ist noch mal zurück… Gott sei Dank nicht gefährlich. Aber uns ist glaube ich allen klar geworden wie machtlos man ist… gegen Wasser und die Strömung. Und ertrinken wäre ein schrecklicher Tod. Nach 1,5 Stunden im Wildwasser waren wir alle etwas zittrig. Rob hatte ein blaues Auge, weil er einen Helm ins Gesicht gekriegt hat im Wasserfall und ich hatte von einem Paddel eine Beule am Kopf und eine dicke geschwollene Hand, keine Ahnung wovon. Konnte an dem Tag nicht mal den Fokus der Kamera drehen so schlimm war’s :) ein bisschen stolz waren wir hinterher schon. Dass wir mutig waren. Dass wir uns gegenseitig geholfen haben, schnell reagiert haben. Eine unvergessliche Erfahrung. Und zwischen den Adrenalinschüben hatten wir auch richtig Spaß :) und es war gut so kernige Guides zu haben, die 3-8 solcher Touren am Tag machen und jeden Stein auf dem Fluss zu kennen scheinen.
Die Fahrt zu unserer nächsten Station Wanganui war danach verhältnismäßig ruhig – ich glaube wir haben alle realisiert, was wir da eigentlich gemacht haben… und waren ziemlich erschlagen von den vielen Eindrücken. Denn das Besondere an der Tour war auch die einzigartige Location. Am Kaituna River sieht’s aus, wie Neuseeland vor 100 Jahren noch aussah… ein bisschen wie Jurassic Park. Vögel schreien, das Wasser plätschert und man fährt durch den Dschungel… wir haben uns gefühlt wie Indiana Jones.
Einen Zwischenstopp haben wir im Tongariro National Park gemacht und uns den Mount Doom aus dem Herrn der Ringe und die Vulkankette angeschaut, auf die wir echt eine tolle Sicht hatten. Auf dem Mount Ruapehu lag richtig viel Schnee, das sah irre aus.
Toll war unsere Unterkunft in Wanganui. Die Anndion Lodge. Nicht nur ist Dion sowas von herzlich und freundlich und hat den Jungs tolles Frühstück gemacht, nein, es ist echt ein bisschen Hotel-mäßig, mit toll ausgestatteter Küche, Flatscreen TV-Ecke, Pool, Hot Tub... echt genial. Da hätten wir noch bleiben können. Aber es war perfekt um sich von den Adrenalin-Schocks zu erholen.

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